Woorder Anekdoten
Humorvoll - Besinnlich - Nachdenklich
Dä schroo Perer
Am Besten einen großen Bogen drum
Dieser Perer wurde so genannt, weil er ein grober ungehobelter Zeitgenosse (*1823 +1903) war. Peter Schmidt III. wohnte in Hinneschmidte. Mit ihm war nicht gut Kirschen essen. Immer wenn ihm etwas nicht passte, ließ er seinem Unmut freien Lauf. Bekannt von ihm ist, dass er immer wieder Futter für sein Vieh dort holte wie es ihm gerade passte, egal wem es auch gehörte. Auch hielt er so manches Fuhrwerk mit Klee oder Gras beladen an und griff sich soviel vom Wagen runter wie er mit seinen Armen greifen konnte. Der Bauer auf dem Wagen ließ es geschehen. Niemand traute sich etwas zu sagen, der Perer wurde dann ziemlich schroo.
Peter Schmidt wollte eigentlich mit seiner Frau Juliana Emmel nach Albany in die USA auswandern. Sie hatten am 26.02.1852 die Ausbürgerung beantragt. Was nun genau die Abreise verzögerte ist nicht bekannt, oft lagen Wochen oder Monate zwischen Plan und Umsetzung. Vielleicht war es dann eine beginnende Schwangerschaft im Februar 1953. Am 19.09.1953 wurde ihr Sohn Peter geboren, der leider 2 Monate später verstarb. Ob nun noch Auswanderungpläne vorhanden waren ist nicht überliefert. Vielleicht war Juliana auch krank, denn zwei Jahre später verstarb sie am 16.09.1855. Weitere Kinder hatten sie keine.
Nur 3 Monate später, am 21.12.1855 heiratete er Maria Magdalena Franz (*05.07.1833) aus Schnäireirsch und bekam mit ihr Sohn Peter III., der Stammvater aller Schmidt-Nachfahren bis heute. Zu seinem Leidwesen verstarb auch Maria Magdalena am 09.04.1962.
Mit Anna Catharina Pfeffer (*01.01.1832) aus Hundheim ging er nun seine 3. Ehe ein. Vier Kinder kamen auf die Welt. Die jüngste Tochter verstarb nach 3 Wochen. Als ob die Sorgen nicht schon groß genug wären, verstarb auch Anna Catharina am 31.05.1863.
Zusammenfassend wollen wir festhalten:
Die Ehen dauerten nur 3,5 – 7,5 – 10 Jahre bis der Tod sie schied. Sie verstarben im Alter von 30 – 29 – 41 Jahren. Vielleicht war dies der Grund warum der Perer „schroo“ wurde und ihn deshalb besser verstehen können.
Der Rucksackmolles
Das war der Oma gänzlich fremd
Bis Mitte der 1960er Jahre hatte unser Dorf noch einen Gemeindestier. Nun kam erstmals der Tierarzt, im Volksmund der Rucksackmolles genannt, für die Besamung der Kühe. Beim Abendbrot saß die Familie zusammen und sprach über den nächsten Tag. Über den Tisch hinweg sagte der Bauer zur Oma: „Moje sinn mer in der Rummele und dou bist alän dehäm. Dä Tierarzt kimmt un dut die Bertha besome. Dou gehst dann mirrem in dä Stall.“ Die Oma guckt etwas verwundert hoch, sagt aber nur: „Eijo, wenns nerisch is.“
Tags drauf geht sie mit dem beschürzten Tierarzt in den Stall: "Do is die Bertha. Äich were jetzt awer gehn. Hiebäi dät äich doch nore stere. Hie an der Wand is en Naal, do kinne se die Scheerz (Schürze) dran hänke.“
Die weiße lange Unterhose
Was die Bäuerin nicht kennt...
Der Toni Boy hatte in den 50er und 60er Jahre ein Textilgeschäft in Kastellaun, handelte mit Gardinen und Wäsche. Immer wieder zog es ihn mit gefülltem Kofferraum über die Dörfer. Auf einer seiner Fahrten kam er auch bei Dunne Oma in Wohnroth vorbei.
„Äich brouch for mäine Mann in lang gro Unnerbux.“ Nun hatte er leider keine solche dabei, auch zu Hause, so wusste er, wird sich ein solche nicht finden: „Graue sind nicht mehr gefragt, weiße sind nun modern.“
„Na gut, it is mer zwar nit reecht, awer dann nemme äich die,“ zahlte und ging wieder ihrer Arbeit nach.
Als Toni Boy nach einigen Wochen wieder vorbeikam, wurde er gleich mit schlimmen Vorwürfen empfangen. „Datt wa datt letzte Mool, datt äich bäi der so en Unnerbux kaaft honn.“ Ganz verdattert fragte er was denn mit der Unterhose ist, ob sie vielleicht kaputt wäre.
„Nähä, kaputt isse nit, awer watt mänste wie die ousgesiehn hott, wäil mäine Mann die 3 Wuche aangetoon hatt.“
Dä Wammesperer
Jedem seinen Spitznamen
Peter Wendling aus Jereschperesch war weithin als Wammesperer bekannt. Der Wammes, also eine Jacke aus Leinen gestrickt, war seinerzeit die übliche Arbeitskleidung. Dazu fertigte er mit seinem Geschick auch noch den Unterwammes für darunter oder den dicken Wammes für den Winter. Der Perer strickte diese Wämmeser selbst aus Leinenwolle auf seiner Strickmaschine. Zwei Reihen silbrig schimmernder Knöpfe aus Muschelschalen gaben der Jacke ein gutes Aussehen. Diese Reihen Knöpfe über dem Bauch mussten öfters für spöttische Bemerkungen herhalten, sähen sie doch aus wie zwei Reihen Zitzen von einer Ferkelsau.
Hatte der Wammesperer eine ordentliche Menge an Wämmeser in verschiedenen Größen gestrickt, packte er sie in eine Kez (Tragekorb) und zog zu Fuß über die Dörfer bis zur Mosel, wo er die Jacken zum Verkauf feilbot. Reichtümer waren damit nicht zu erzielen, aber dennoch eine willkommene Nebeneinnahme zur Landwirtschaft.
Der Wammesperer war ein etwas ängstlicher Mensch und trug stets auf seinen Verkaufstouren einen geladenen Revolver mit sich. So wird erzählt, als sein Rückweg durch den Masterhausener Wald führte, wäre er im Dunkeln von einem Rascheln aufgeschreckt worden. Sein Griff zum Revolver und einige Schuss in die Luft gaben ihm dann den nötigen Rückenwind für den Rest des Heimweges.
Hexenstreich
Alle Mühe umsonst
Der Stääs Opa läutete über Jahre die Dorfglocke. Doch dann hatten ihm die Maihexen in der Nacht einen Streich gespielt und den Klöppel in der Glocke mit Lumpen bewickelt. Am nächsten Morgen wollte der Opa wie üblich um halb acht läuten. Doch die Glocke blieb stumm, gab keinen Ton von sich. Ganz verdattert geht er die Rathaustreppe runter und trifft auf Hennerschperesch Vidder:
„Äich kann mache watt äich will, se micht nit Bimm un micht nitt Bamm!“
Es waren zwei Bauerskinder
Ein kleine Geschichte unerfüllter Liebe
Liebe und Zusammensein lag nicht immer in der Händen der Liebenden. Bäuerliche Zwänge waren schon mal stärker, wenn es darum ging Haus und Hof zusammenzuhalten. Oft blieb deshalb einer der Geschwister ledig und lebte weiter in der Familie, damit das Erbteil dem Hof nicht verloren ging.
Anna Katharina Werner aus Dunnewernersch und Peter Freiß, genannt der Fräse Path, erlebten diese unerfüllte Liebe. Annas Eltern stimmten der Hochzeit nicht zu, so blieben beide bis zum Lebensende ledig.
Am 7. Februar 1931 verstarb Anna Katharina Werner, „ledigen Standes, im Alter von 72 Jahren, 9 Monaten und 10 Tagen“. Nur 10 Tage später verschied auch Peter… Ist es nun Zufall oder Fügung? Beide finden nebeneinander auf dem Beller Friedhof ihre letzte Ruhestätte. „Im Leben durften sie nicht beisammen sein, im Tode sind sie nun vereint“ sagten die Menschen nach der Beerdigung.
PS.
Fräse Path lebte bis zu seinem Tode in dem Haus, was wir heute als Jerje kennen. E. Willi Michel erbte als Verwandter das Haus, welches er ab 1953 umbaute. Das ursprüngliche Haus Jerje stand am Ort der heutigen Garage.
Das Friedensfest von 1866
"Am 11 September wurde das Sieges- und Friedensfest in folgender Weise in unserer Gemeinde gefeiert. Den Tag zuvor mußten die Schüler Kränze um die Schule und Gemeindehaus machen. Die Bürger machten 3 Wagen voll Holz und fuhren es auf den höchsten Punkt auf der Häh. Gegen sechs Uhr abends läuteten die Glocken und alt und jung und groß und klein strömten zum Dorf hinaus, um dem Herrn bei brennendem Feuer zu danken, daß er uns den edlen Frieden wieder geschenkt hat. Als das Feuer hoch empor loderte und die ganze Gemeinde sich versammelt hatte, wurden etliche preußische Lieder abgesungen und dann mit dem Choral „Nun danket alle Gott" und "Eine Feste Burg ist unser Gott" geschlossen.
Man sah in der Runde viele Feuer am Himmel herum lodern, gewiß auch alle mit Dank verbunden für den gewünschten Frieden. War das Feuer ziemlich abgebrannt, wurde es mit Gesang verlassen und mit einer Pechfackel ins Dorf gezogen. Den anderen Morgen, den Sonntag wurde in aller Frühe die neue schwarzweiße Fahne vom Rathaus ausgehängt. Das Rathaus war mit Kränzen und Tannen verziert. Die Krieger mußten sich um 8 Uhr beim Pfarrer einfinden. Aus dem ganzen Kirchspiel, mit schwarzweißen Bändern und mit Lorbeersträußen geschmückt, der Pfarrer an ihrer Spitze, zogen sie in die Kirche. Um 2 Uhr läuteten abermals die Glocken und nun versammelte sich alles im Rathaus um ein Ohm Wein, welches die Gemeinde zum Besten gab. Nun wurde getanzt bis 2 Uhr des nachts und waren alle recht fröhlich beisammen, alt und jung, so wurde das Friedensfest geschlossen und Gott wollte geben, daß der Friede von langer Dauer ist."
Wohnroth, im Dezember 1866 Peter Jacobs (Urgroßvater von Irene Mähringer-Kunz)
Der Anlass zur Feierlichkeit war der Preußische Sieg im Deutsche Krieg (auch Bruderkrieg genannt) vom 14. Juni - 23. August 1866 zwischen Östereich und Preußen mit den jeweiligen Verbündeten. https://de.wikipedia.org/wiki/Deutscher_Krieg
Ein Hausbau im Jahre 1869
"Am 31. März fingen wir an unser Haus zu räumen, alle Möbel, Kisten, Kleiderschrank, kurzum fast alles wurde dann ins Gemeindehaus unten in die Gemeindestube gebracht, einen Ofen gesetzt und ein Bett aufgeschlagen. Das ganze Kochgeschirr und die ganze Küche wird untergebracht. Auf dem Lehrerzimmer wurde auch ein Bett aufgeschlagen und alles was wir sonst ausräumten wurde untergebracht.
Der Dachdecker deckte das Dach ab und so war es am 3. April fertig zum Abbruch, welches auch glücklich vonstatten ging ohne daß sich jemand geschädigte. Und so wurde der alte Lehm weggeschafft und das Holz beseitigt bis zum 15. April, wo die Maurer Herrmann kamen und anfingen den Keller zu graben. Die Steine für den Keller hatten wir den Winter durch gebrochen auf der Duchbleich (Flurnamen) und schleppten die größten mit einem Schlitten nach Hause. Nach vieler Mühe und Arbeit war der Keller am 27. April fertig. Am 8. Mai wurde aufgeschlagen, von Zimmermeister Peter Lang aus Bell, seinem Sohn Adam und seinem Bruder Adam und Mathias Bonni vom Rothenbergerhof, Peter Wehrmann von Löffelschied und Hans-Peter von Mastershausen und erhielten als Lohn 51 Thaler.
Der Dachdecker Johann Hummes und sein Sohn Josef erhielten für Lohn 16 1/2 Thaler. Der Maurer Adam Herrmann und sein Sohn Peter, Adam und Franz Adam Peiter von Hundheim, Johann Peter Johannes von Leideneck, Peter Frank von Bell, Friedrich Freis von Krastel und Jakob und Konrad Huhn aus Reich erhielten als Lohn 70 Thaler.
Der Schreiner Baumgarten von Leideneck und sein Lehrling Franz Eich erhielten 19 1/2 Thaler. Und so möge Gott sein Haus gebaut haben und sein Segen möge darauf ruhn, und so wanderten wir wieder heim."
Wohnroth, den 30 März 1873 Peter Jacobs (Haus Wendlings)
Mer brouche noch Hiep
...oder wie überwinde ich Sprachbarrieren
In unserem Laden an Philippse war so ziemlich alles zu finden, was in dem kleinen Woord gewünscht wurde. Damit es auch reibungslos mit dem Nachschub klappte, fand sich regelmäßig in den 1970-er Jahren der EDEKA Außendienst Franz Aschenbrenner ein. Am Esszimmertisch breitete er seine Unterlagen aus, den Bestellblock mit Blaupapier für den Durchschlag und diverse Blätter mit Sonderangeboten daneben. Als der Bestellzettel fast voll war, erwähnte meine Mutter: „Mer brouche noch Hiep." Meine Mutter sprach ihr Woorder Platt und Franz Aschenbrenner eben, dem Beruf des Kaufmannes verpflichtet, sein gepflegtes Hochdeutsch. Ungläubig blickte er hoch: „Hiep, was ist das?“ „Eijo, Hiep äwe.“ Ihr fiel das doch ungewohnte Wort dafür soeben nicht ein. Etwas ratlos schauten sich die beiden an. Sie dachte: Wie kumme äich jetzt zu mäiner Hiep. Und er überlegte: Ich kann doch nicht „Hiep“ aufschreiben. Ganz plötzlich stand nun meine Mutter auf, ging in den Laden, griff ein Würfel Hiep und präsentierte ihn stolz dem verblüfften Herrn Aschenbrenner, der nun über das ganze Gesicht strahlte: „Aaah, Hefe!“, um sogleich die gewünschte Menge in seine Kladde einzutragen. So konnte er seinem Vokabular der Hunsrücker Mundart noch ein kleines Wörtchen hinzufügen: Hiep, äwe.
Erzählt von Ulrich Knebel
Was muss, das muss...
... und Mutter hat's auch schon so gemacht.
In den Jahren um 1960 besuchte der wohlbeleibte Handelsreisende Herr Müller in feinem Zwirn regelmäßig den Laden von Philippse. In dem alten Haus saß er dann am Küchenfenster mit dem Blick auf Dunne Haus. In seinem Sortiment befanden sich allerlei Kurzwaren, von Knöpfen, Nähgarn, Reisverschlüssen, Rasierpinsel und vieles mehr, welches er aus seinen prallgefüllten Musterkoffern heraus präsentierte.
An einem sonnigen Tag schaute er mal zwischendurch aus dem Küchenfenster und erblickte Dunne Oma, wie sie aus dem Haus kam und zum Straßengraben eilte. Ein schneller Blick von ihr die Straße rauf und runter und schon breitete sie mit beiden Händen den langen Rock aus. Ungläubig schaute Herr Müller auf die Szene was dies wohl auf sich hat. Kurz darauf schüttelte sich die Oma, ließ den Rock fallen, sortierte noch schnell die Rockfalten und eilte ins Haus zurück. Die jetzt feuchte Stelle im Straßengraben verriet nun unmissverständlich ihr menschliches Bedürfnis. Ungläubig verharrte der Herr Müller einen Augenblick ob dieser ungewöhnlichen Blasenentleerung und brauchte noch eine Weile bis er sich wieder auf den Grund seines Besuches besinnen konnte.
Walter, mäin Päif!
Ein sorgenvoller Ausruf
In den Jahren bis 1950 war Wilhelm Paulus aus Krastel mit seinem Pferdegespann als Milchfuhrmann auch für unser Dorf unterwegs. Im Unterdorf gingen ihm irgendwann auf der Höhe vom Haus Heinze die Pferde durch und galoppierten samt Milchladung die Straße hinunter. Die Kurve bei Philippse kam allerdings ziemlich ungelegen. Dummerweise stand geradeaus schon seit langer Zeit das Dunne Haus. Wilhelm Paulus, in dem gleichen verschreckten Zustand wie seine Pferde, sah das Unheil kommen. Die Deichsel zwischen den Pferden bohrte sich in die Hauswand. Direkt dahinter stand vor Kopf das Bett, in dem sich Dunne Peter zur Ruhe gelegt hatte. Es splitterte und krachte, das Fachwerk leistete wenig Widerstand, die Deichsel steckte sogleich im Bettgestell. Peter, der immer gerne gemütlich sein Pfeifchen schmauchte, schaute verwundert auf und hatte zur Schreckbewältigung nur einen lapidaren Wunsch an seinen Sohn: „Walter!!! Mäin Päif!“
Ob er damit seine Sorge um die Unversehrtheit seiner geliebten Pfeife zum Ausdruck bringen wollte oder den Tabakgenuss zur Beruhigung brauchte ist nicht überliefert. Im Übrigen gingen die zwei Pferde unversehrt aus diesem Malheur hervor. Welches Milchgeschlabber dabei angerichtet wurde ist leider nicht bekannt.
Glückliche Heimkehr
Ein Nachkriegserlebnis erzählt von Maria Knebel
Es war noch stockdunkel als mein Vater mit mir aus dem Hause trat. Meine Mutter hatte uns noch Brote gemacht und im Rucksack verstaut. Vater schaute nochmal nach ob er alles dabei hatte. Mutter umarmte uns noch und wünschte viel Glück. Dann marschierten wir in die noch dunkle Nacht. Es war der 31. Oktober 1945, Reformationstag. Nach einer knappen Stunde Fußmarsch erreichten wir den Beller Bahnhof und stiegen um 5:30 in den Zug nach Boppard.
Nach Ostfriesland wollten wir, ich war damals erst 16 Jahre alt. Vater meinte, zu zweit ist das bestimmt einfacher. Mein Bruder Erich war 1944 mit 18 Jahren zur Wehrmacht eingezogen worden. Ausgerechnet an meinem Konfirmationstag musste er weg. An der Westfront kam er zum Einsatz. Auf dem Rückzug nach Holland wurde er am Bein schwer verletzt und lag lange im Lazarett. Nun war er bei Jever in britischer Gefangenschaft. Vor einiger Zeit erhielten wir einen Brief von ihm und waren sehr froh, dass er noch am Leben war. Bald reifte der Wunsch ihn dort in Ostfriesland zu besuchen.
Nun waren wir unterwegs. Als es hell wurde stiegen wir in Boppard aus und fuhren mit einem Nachen auf die andere Rheinseite. Weiter ging es mit der Bahn nach Lahnstein und mit dem nächsten Zug nach Köln-Deutz.
Bahnfahrten waren für mich nichts besonders mehr. Einige Jahre zuvor war ich für mehrere Wochen in Ostpreußen zur Kinderlandverschickung und kam mit dem Zug über Berlin dorthin. Heute aber hatte diese Fahrt eine besondere Mission. Wir wollten meinen Bruder in der Gefangenschaft besuchen.
Im Deutzer Bahnhof ging es zuerst mal nicht weiter. Zuverlässige Verbindungen waren in den Nachkriegsmonaten auch nicht zu erwarten. Einige Stunden verbrachten wir in der Bahnhofshalle. Spät in der Nacht konnten wir dann glücklicherweise einen Zug nach Bremen nehmen und kamen nach vielen Stunden unserem Ziel näher. In Bremen angekommen war zuerst einmal Endstation. Die Eisenbahnbrücke über die Weser war zerstört. Mit einem Pferdefuhrwerk ging es nun durch die Innenstadt weiter. Ich erinnere mich noch gut an die Bremer Stadtmusikanten auf dem Rathausplatz. Unser Weg führte dort vorbei. Auf der anderen Weserseite angekommen, bestiegen wir den nächsten Zug in Richtung Jever. Für die letzten Kilometer nahmen wir einen Bus.
Groß war die überraschende Wiedersehensfreude für Erich nach dieser langen und ungewissen Zeit. Mit feuchten Augen umarmten wir uns und hatten uns soviel zu erzählen. Er war hier nicht in einem geschlossenen Gefangenenlager, jeder Insasse durfte sich frei bewegen. So konnte Erich uns auch ein Zimmer für die folgende Nacht in einem Hotel besorgen. Bald darauf machten wir uns wieder frohen Mutes auf den Heimweg. Unserem Erich ging es gut, er wollte nur noch nach Hause.
Auf der Rückfahrt machten wir in Duisburg Halt, besuchten eine Cousine meines Vater und blieben für eine Nacht. Am nächsten Morgen ging ich zu einem Friseur ganz in der Nähe im Sternbuschweg. Ich hatte mir fest vorgenommen meine Haarzöpfe abschneiden zu lassen. Hatte diese Reise und deren Erlebnisse mich so geprägt, dass ich damit meine Jugend hinter mir lassen wollte? Ich weiß es heute nicht mehr. Die „alten“ Zöpfe waren nun ab und ich habe es nicht bedauert. Aber es war ein wichtiger Abschnitt mit meinen 16 Jahren. Die Zöpfe habe ich mitgenommen und lange Jahre aufbewahrt. Besonders gut aufgehoben waren sie später in der leeren Mundharmonikaschatulle von meinem Kurt.
Zu Hause angekommen wollte meine Mutter und unser jüngerer Bruder Willi natürlich alles erzählt haben und waren froh über die guten Nachrichten.
Mitte November kam ein weiterer Brief von Erich. Er meinte, Weihnachten wäre er immer noch nicht zu Hause. Nun fasste mein Vater den Entschluss unseren Erich dort abzuholen und begab sich alleine auf den weiten Weg. Noch länger wollte er nicht warten. Die Situation in dem Lager konnte sich auch ändern und wir konnten uns nicht mit Erich verständigen. Zu Hause warteten wir nun sehnsüchtig auf die baldige Rückkehr.
Einige Tage voller Hoffnungen vergingen, dann standen die beiden wohlbehalten vor der Tür. Welch eine Freude für die ganze Familie. Mit heißen Ohren ließen wir uns erzählen was in diesen vergangenen Tagen geschehen war:
Erich war ganz überrascht, dass Vater am 10. Dezember urplötzlich vor ihm stand. Er konnte es nicht recht glauben was Vater vor hatte, doch dieser hatte alles geplant. Auf die Schnelle haben sie heimlich das Lager verlassen. Vater hatte für Erich noch andere Kleidung dabei. Mit dem Bus ging es nun über Wilhelmshaven nach Oldenburg. Hier verbrachten sie in einem vollbesetzten Zug die ganz Nacht bei minus 10°. Um auf Kontrollen vorbereitet zu sein, hatte Vater für Erich einen Pass mit einem ähnlichen Foto ausgeborgt. Dank der schlechten Beleuchtung im Zug fiel die Täuschung nicht auf. Über Duisburg ging es weiter nach Köln. Im nächsten überfüllten Zug mussten sich die beiden trennen. Erich nutzte ein Behindertenabteil. Aber es fehlte ihm dafür der notwendige Ausweis und er musste in Köln-West aussteigen. Nun blieb ihm nichts anderes übrig als zu Fuß zum Hauptbahnhof zurück zu gehen. Mit Glück erwischte er noch einen Schnellzug mit Halt in Boppard. Vater war inzwischen dort schon angekommen und lief ratlos auf dem Bahnsteig hin und her und suchte nach ihm. Er befürchtete nun, Erich hätte den Halt verschlafen. Von dem Rausschmiss in Köln wusste er nicht und war überrascht, dass er mit dem nächsten Zug kam. Mit der Hunsrückbahn ging es jetzt erleichtert nach Hause zurück. Nun war Frieden in unserem Hause eingekehrt und wir konnten ein ganz besonderes Weihnachten feiern.
Kälbertaufe in Philippse Stall
... und dem Kalb war es egal
In der bäuerlichen Dorfgemeinschaft gehörte das alltägliche gegenseitige Helfen zur Selbstverständlichkeit. Besonders während den Ernten wurde gemeinsame Sache gemacht. Auch für die Unterstützung bei Kälbergeburten fand sich immer jemand im Stall ein. Ein besonderes Gespür für diese Ereignisse hatte Heinze Willi. Es war ihm auch soweit egal zu welcher Tageszeit er beisprang, denn er wusste, die Schnapsflasche stand schon auf der Fensterbank. An einem solchen Tag war es mit unserer Bertha soweit und Willi war natürlich zur Stelle. Mit viel Erfahrung und geübter Hand erblickte das weibliche Kalb das Licht der Welt. Nun war es üblich dem Kalb den Namen mit dem Anfangsbuchstaben der Kuh zu geben. Diesmal sollte Willi der Namensgeber sein. Er überlegte, krummelte und rollte die Augen. „B – B – Baula“ sprudelte es plötzlich stotternd aus ihm hervor. Mein Vater stutzte kurz, taufte schmunzelnd das Neugeborene auf den Namen „Baula“ und schrieb den Namen auf eine Schiefertafel. Mit diesem kreativen Namen hatte sich Willi nun mehr als einen Schnaps verdient.
Erlebt von Ulrich Knebel
So einer ist nicht erwünscht
... und diese Sitten hielten lange an.
Ein Urururgroßvater von Siegfried Schmidt namens Johann Matthias Schug (1772-1816) aus Uhler war ein uneheliches Kind von Maria Juliane Schug (1743-1808). Vom seinem Vater ist nichts bekannt, er wurde einfach verschwiegen. Im Feld des Stammbaumes gibt es nur einen ignoranten Vermerk: "Der Vater war ein andersgläubiger von Mörsdorf".
Ein Hoch dem Kaiser
Eine besondere Huldigung auf Seine Majestät
Diesen Vortrag schrieb Maria Werner (*1872 +1910) im Alter von 16 Jahren. Sie war die Großmutter von Kurt Knebel. Am 26. Februar 1889 trug sie die Zeilen anlässlich der Pflanzung der Dreikaisereiche und Kaisers Geburtstag vor.
"Verehrte Festgenossen!
Millionen Herzen schlagen heute höher und Millionen deutsche Lippen öffnen sich heut um den Segen des Himmels herabzuflehen auf unseren Kaiser und König Wilhelm den II. und wo Deutsche weilen, sei es in deutschen Landen oder in fernen Erdteilen. Überall werden ihm Glückwünsche und Depeschen zugesandt und ein „Heil Kaiser Wilhelm“ zugerufen.
Es ist das erste Geburtsfest welches Seine Majestät als Kaiser von Deutschland und König von Preußen feiert und deshalb auch wetteifert Stadt und Land Seine Majestät mit Ehrbezeugungen zuvor zukommen.
Gewiss war heute sein erster Lob zum Himmel gerichtet, zum Herren der Heerscharen und ihm gedankt für alles Gute was er ihm bis jetzt verliehen hat und seinen Segen herabgefleht hat zu ihm und seinem Volk zum weiteren regieren.
Wie ist er gesegnet von dem Herren, geliebt von seinem Volk, geehrt und geachtet von aller Welt. Wie glücklich ist er im Kreise seiner Familie. Sein Weib wie ein fruchtbarer Weinstock, seine Kinder wie Ölzweige um den Tisch herum. Also wie gesegnet der Mann, der den Herren fürchtet. Wie bemühte sich Kaiser Wilhelm II. die alte Freundschaftsbande mit Österreich und Italien zu befestigen und nun mit Russland, Dänemark und Schweden anzuknüpfen. Und wird hoffentlich Kaiser Wilhelm lange Zeit seinem Volk ein Friedenshort sein und bleiben.
Doch wie hier in diesem Leben selten eine Freude ungetrübt bleibt, also auch die heutige Geburtstagsfreude. Mit schwerem Herzen gedenkt unser Kaiser und mit seinem ganzen Volk des dahingeschiedenen Jahres 1888. Und zum Andenken an dieses Dreikaiserjahr ist auch diese Eiche vor unseren Augen von patriotischen Sinne gepflanzt worden. Sie soll uns erinnern an den greisen Helden Kaiser Wilhelm den Ersten, welcher keine Zeit hatte müde zu werden, der Deutschlands Erniedrigung mit erlebt hat, der mit seiner erlauchten Mutter, der Königin Luise manchmal Tränen und Sorgenbrot genossen hat. Der verkannt von seinem Volk als Flüchtling sein Land verlassen musste.
Der er aber auch erlebt hat wie Sünd und Mord vereint gegen Westen zog und dem Erzfeind Deutschland aufs Haupt schlug, von welchem Zug er als Kaiser geschmückt mit Deutschlands Kaiserkrone in sein Land zog, welcher am neunten März vorigen Jahres im einundneunzigsten Lebensjahre sein Haupt zum Schlummer neigte und zu seinen Völkern versammelt wurde. Sie soll uns ferner erinnern an den edlen Kaiser Friedrich, der sein schweres Leiden mit Engelsgeduld getragen und am fünfzehnten Juni nach neunundneunzig tägigen abberufen wurde in die ewige Hütte, wo kein Leid mehr sein wird.
Sie soll uns erinnern an den Regierungsantritt des jetzigen Kaisers. So wachse denn - Kaisereiche, treibe Äste und Zweige, werden stark und kräftig wie das Deutsche Reich und werde ein Zierde unseres Dorfes.
Wenn dann dereinst mancher Donner über deine Krone gerollt ist und mancher Sturm deine Zweige gepeitscht hat, so sollst du später dann Geschlechtern verkündigen von den verhängnisvollen Jahren 1888. So wollen wir denn alle , die hier um die Eiche versammelt sind, von den Höhen des Hunsrücks ein „Heil Kaiser Dir“ zurufen."
Maria Werner
geschrieben den 24.9.1889
Der Hintergrund zum Dreikaiserjahr:
Am 9. März 1888 verstarb Wilhelm I. nach 17 Jahren Amtszeit. Er wurde 1871 im Spiegelsaal von Versailles zum Deutschen Kaiser gekrönt. Im folgte sein Sohn Friedrich III. auf den Thron, der allerdings schon nach 99 Tagen Regentschaft am 15. Juni an Kehlkopfkrebs verstarb. Am gleichen Tag wurde nun sein Sohn als Wilhelm II. zum Thronfolger gekürt. Aus diesen Ereignissen geht der Begriff Dreikaiserjahr hervor.
Die Dreikaisereiche musste 1969 gefällt werden, sie war morsch geworden und drohte umzufallen. Dennoch hat sie Kaiserreich, Weimarer Republik und das Dritte Reich gut überstanden und viele Jahre Bundesrepublik erlebt. Also kein Hoch mehr auf den Kaiser, stattdessen ein Hoch auf die Deutsche Eiche.
Sorgen und Leid eines Krieges
... und es ändert sich nichts.
Um 1920 lernte Friedrich Knebel (1897-1939) aus Philippse meine Oma Wilhelmina Freiss (1901-1988) aus Hollnich kennen. Er war Soldat im 1. Weltkrieg gewesen und kehrte mit einem Lungensteckschuss nach Hause zurück. Im Sommer 1923 heirateten sie und bekamen 3 Kinder. Die Kriegsverletzung machte dem Fritz allerdings immer mehr zu schaffen. Am 1. Juli 1939 verstarb er an Tuberkulose, meiner Oma ist jedoch die Kriegswitwenrente verweigert worden. Die Todesursache wurde nicht mit der Schussverletzung in Verbindung gebracht. Es waren schwere Jahre danach, die Kinder Kurt, Hedwig und Ilse erst 15, 13 und 8 Jahre alt.
Die Landwirtschaft und der kleine Lebensmittelladen wollten versorgt und betreut werden. Den Laden selbst musste sie allerdings bis Ende des Krieges schließen. Es war nicht mehr zu schaffen, zumal es mit Einführung der Lebensmittelmarken immer schwieriger wurde.
Ihr zur Seite stand öfters als Knecht der Ernst Michel (Onkel von Inge Wedertz) aus Bouersch. Die gemeinsame Arbeit brachte die Beiden näher. Dann wurde Ernst zum Wehrdienst eingezogen und war an der Ostfront im Einsatz. Im Herbst 1942 erkrankte er dort an Typhus und verstarb am 23. Oktober des gleichen Jahres in einem Lazarett. Schmerzvoll musste meine Oma erfahren, nun einen zweiten lieben Menschen durch Kriege verloren zu haben.
Zu allem Leid wurde auch noch Sohn Kurt, mein Vater, 1942 zur Wehrmacht einberufen und war auf dem Balkan stationiert. Er kam aber wohlbehalten im Frühsommer 1945 nach Hause zurück.
Über ihre Nähe zu Ernst hat meine Oma nie gesprochen, das behielt sie immer für sich…
Eine Tragik des Krieges
Zu den Funktionen eines Ortsbürgermeisters gehörte während des 2. Weltkrieges auch eine sehr undankbare Aufgabe. Verstarb ein Soldat an der Front, so erhielt zuerst der Bürgermeister diese Information. Auch Friedrich Michel (1889-1960) aus Perersch musste in dieser Funktion die traurigen Nachrichten überbringen und somit auch Seelsorger sein. Eines Tages, es war im Oktober 1944, kam wieder eine solcher Brief an seine Adresse. Schon wieder, dachte er sich und öffnete den Brief. Es traf ihn der Schlag, seiner eigener Sohn Helmut war in den Kämpfen an der Westfront am 30. September 1944 gefallen. Tief getroffen musste nun auch er dieses Schicksal tragen. Seit Kriegsbeginn ist Helmut nun der 4. Gefallene dieses mörderischen Kampfes und er sollte nicht der letzte sein. Insgesamt hatte unser Dorf 8 Opfer zu beklagen. Seine letzte Ruhestätte fand Helmut auf der Kriegsgräberstätte Andilly nördlich der Stadt Toul.
kriegsgraeberstaetten.volksbund.de/friedhof/andilly
In den letzten Wochen des Krieges kamen in der Familie weitere Sorgen auf. Sohn Willi sollte auch noch eingezogen werden, aber dazu kam es zum Glück nicht mehr. Im Gedenken an seinen gefallen Sohn erhielt der Enkel auch den Namen Helmut.
Friedrich Michel war im 1. Weltkrieg als Sanitäter im Einsatz und kannte sich auch mit zahngeplagten Patienten aus. So manch ein Woorder fand sich bei ihm ein, um sich von den Schmerzen befreien zu lassen. Ehefrau Emma hielt dem Geplagten von hinten den Kopf fest und Friedrich konnte beherzt mit seiner Zange zupacken. Auch für manche andere Blessuren war er ein hilfreicher Nachbar.
Schicksalsjahre einer Familie
Ein Leben voller Sorgen
Schon seit vielen Generationen ist das Haus Heinze bewohnt. Doch die letzten Bewohner der Ahnenreihe hatten einen besonders schweren Stand.
1886 heiratete Peter Rech (1859-1906) aus Krastel die Maria Kath. Junker (1859-1897) aus Heinze und führte mit ihr die Landwirtschaft des Hofes weiter. Bereits im Alter von 38 Jahren verstarb Maria Katharina, auch Ehemann Peter erreichte nur ein Alter von 46 Jahren. Die älteste Tochter der beiden war inzwischen nach Michelbach verheiratet. Die jüngere Tochter Anna (1889-1970) mit ihren 17 Jahren war noch nicht volljährig. Den Hof konnte und durfte sie nicht weiterführen und wurde im Elternhaus ihres Vaters in Krastel im Hause Wernersch aufgenommen.
Im Ort lernte sie ihren späteren Ehemann Wilhelm Marx (1988-1938) kennen. Er verdingte sich als Knecht bei anderen Bauern, weil er nicht der Erbe des elterlichen Hofes war. 1919 heirateten die beiden und übernahmen das Elternhaus in Wohnroth, welches nun schon seit einiger Zeit leer stand. Es waren schwere Jahre, denn sie fingen doch weitgehend von vorne an und es wurde nicht einfacher.
Die beiden hatten 3 Kinder, Elfriede (1921-1978), Erna (1923-1991) und Willi (1926-1982). Schon früh bemerkten die Eltern bei Erna eine geistige Behindetung, was die Sorgen der Familie noch vergrößerte.
Im Jahre 1938 muss dann die wirtschaftliche Not so groß gewesen, dass Wilhelm am 9. Mai in seiner Jauchegrube den Freitod suchte. Es dauerte einige Tage bis er gefunden wurde. Kurz vorher bat er noch bei Albert Franz um eine finanzielle Unterstützung, der ihm aber wegen eigenen baulichen Maßnahmen nicht helfen konnte.
Die wirtschaftliche Situation verbesserte sich in den folgenden Jahrzehnten leider nicht, es war ein Leben von der Hand in den Mund. Elfriede arbeitete über einige Jahre immer wieder mal als Haushaltshilfe in einem Winzerbetrieb Nähe Bacharach.
1970 verstarb nun Mutter Anna im Alter von 81 Jahren. Nun gab Elfried die Anstellung auf, weil sie sich zu Hause um alles kümmern musste. Bruder Willi war nicht besonders zuverlässig und genoss gerne das eine oder andere Glas zu viel. Mit der familiären Situation war Elfriede nun immer mehr überfordert, denn auch Schwester Erna war viel mehr Last als Hilfe. Den einzigen Ausweg fand sie am 10. Januar 1978 im Freitod durch Erhängen. Schwester Erna kam nun in ein Pflegeheim und Willi blieb alleine im Haus. Sein gesundheitlicher Zustand ließ jedoch immer mehr zu wünschen übrig und so verstarb er 4 Jahre später im Alter von 56 Jahren. Schwester Erna lebte noch bis 1991 im Heim.
So endete eine lange Familiengeneration in unserem Dorf, die sich im Rückblick auf Vorfahren aus Froschepfuhl, einem ehemaligem Gehöft (in den Pestzeiten um 1600 ausgestorben) zwischen Völkenroth und Leideneck, zurückverfolgen lassen. Auch gehört Gevatter Niclas Michel aus Wohnroth zu den Ahnen, der um 1650 lebte und Urvater aller Michel-Familien des Kirchspiels Bell ist.
Des Fleisches Lust…
Auch früher lief so mancher aus der Spur
Johann Christoph Beuhl (1662-1710) aus Alterkülz heiratete am 19.11.1686 die Maria Elisabeth Schuch aus Wohnroth und wohnte hier im Dorf. In den Aufzeichnungen (vermutlich Kirchenbuch) der damaligen Zeit ist niedergeschrieben:
Er hat nicht allein Ehebruch getrieben mit seines Nachbarn Weib, sondern auch mit unterschiedlichen Mägden gehuret.
Die Ehe mit Maria Elisabeth blieb kinderlos...
(Quelle: Familienchronik von Michael Frauenberger)