Nahversorger waren früher gefragt
... und die Menschen mussten bescheiden sein.
In einem Eintrag unserer Dorfchronik von 1917 ist vermerkt, dass die Spar- und Darlehenskasse (später Raiffeisen) aus Bell in den umliegenden Rathäusern Salz, Zucker, Petroleum usw. den Bürgern anbietet. Nach einigen Jahren wurde der Verkauf an Privatleute übertragen.
1927 übernahmen Peter Knebel und sein Sohn Friedrich diesen Vertrieb. Ein Jahr später eröffneten sie dann einen Verkaufsladen und ergänzten das Programm um Lebensmittel und Kolonialwaren. Darunter verstand man Produkte aus überseeischen Gebieten, die zur Kolonialzeit importiert wurden. Dazu gehörten insbesondere Kaffee, Tabak, Reis, Kakao, Gewürze und Tee. Für die Grundnahrungsmittel sorgten die Bauern damals selbst. Angeboten wurde also nur, was nicht selbst erzeugt werden konnte.
Ein weiteres war der Verkauf von Weinen und Weinbränden, unter anderem auch an umliegende Gaststätten. Ein erster Einkaufsbeleg darüber stammt schon von 1926. Die Gebrüder Knebel (Brüder von Peter) aus Bacharach-Steeg waren zu dieser Zeit als Weingroßhändler tätig. Das Stammhaus der Knebels ist in Hasselbach.
Feilgeboten wurden in diesem kleinen Laden von Philippse neben den erwähnten Produkten auch Putzmittel, Seifen und Zubehör. Auffällig war auch ein 50 Liter Fass mit eingelegten Heringen in der Ecke. Ein Großteil der Produkte wurde lose angeboten. Heute würden wir dies einen Unverpacktladen nennen. Nach und nach kam aber immer mehr verpackte Ware in die Regale.
Ab 1935 nutzten sie den Einkaufsverband der EDEKA, eine Jubiläumsurkunde von 1960 belegt die 25-jährige Treue. 1939 verstarb Friedrich an Tuberkolose. Ehefrau Wilhelmine und drei Kinder wurden nun auf eine harte Probe gestellt, zumal Sohn Kurt noch von 1942-45 zur Wehrmacht eingezogen wurde. Auch der bäuerliche Betrieb wollte mit bewältigt werden. Nach diesen schweren Jahren kam die Hoffung wieder und es ging aufwärts.
1961 wurde die „Gut Stuh“ geräumt und ein moderner Laden eingerichtet, der mehr als doppelt so groß und auf „der Höhe der Zeit“ war.
Fünf Jahre später stand ein Hausneubau an. Um den Verkauf zu gewährleisten zog der gesamte Laden kurzerhand in den leeren Schulsaal um. Schulunterricht war zu dieser Zeit in Krastel. Der Hausbau stand nun aber unter Zeitdruck, sollten doch ab dem 1. Dezember die Schüler wieder in Wohnroth zum Unterricht. Das Angebot weitete sich nun auf 40qm aus, bis hin zu Töpfen, Wolle, Kleidung, Brot, Wurstwaren, Zeitungen, Getränke, Tiefkühlkost, Sämereien, uvm. Im Stempel stand zeitweise als Ergänzung „Drogen und Gemischtwaren“. Dies irritiert heute wohl etwas, aber damals war es die übliche Bezeichnung für Drogerieartikel.
In den Folgejahren wurde es allerdings nicht leichter. Die Convenda in Kastellaun eröffnete 1965, weitere Wettbewerber kamen hinzu. Der Kunde war mobil geworden. 1990 war der Zeitpunkt gekommen die Tore zu schließen. Das Geschäft war nicht mehr einträglich genug.