Anno 1900 - 1925
Eine Welt bricht zusammen
1901 war die Eröffung der Hunsrücker Eisenbahn. Zur Feierlichkeit gingen viele Wohnrother zum Beller Bahnhof um unentgeltlich ein Stück mitzufahren.
1902 wird ein Stall für den Gemeindestier gebaut. Vorher wurde der Gemeindestier von dem jeweiligen Stierpfleger im eigenen Stall gehalten.
1903 Lehrer Stuber gründet einen Obstbauverein, die Urkunde eines Wettbewerbes ist im Original erhalten. Der Flurname „Baumgarten“ stammt noch aus dieser Zeit.
1904 Der Obstbauverein pflanzt eine zweireihige Obstbaumallee am Ortsausgang Richtung Bell.
1906 Im Kirchspiel Bell klagen Pfarrer und Presbiterium über uneheliche Geburten, Geschlechtskrankheiten und Fluten erotischer Literatur.
1908 überfiel uns im Sommer eisige Kälte, es musste sogar geheizt werden.
1912 kostet ein Liter Bier 25, ein Ei 6 Pfenning.
1914 gerät der 29-jährige Friedrich Boos (Fräse) ins Getriebe der Neuen Mühle und wird erst mittags von seiner Frau Lina tot aufgefunden.
1914 Der Beller Spar- und Darlehenskassenverein mit 22 Mitgliedern wird am 3. März gegründet.
1914 – 1918 Anfängliche Begeisterung für den Waffengang auf der einen, Sorgen und Tränen auf der anderen Seite. Die schulentlassenen Jungen wurden zu einer Jugendwehrkompanie zusammengefast und mit weiteren aus den anderen Dörfern vom Förster Leibling, später von Pfarrer Klaus auf dem Beller Marktplatz gedrillt. Jeder Tag brachte etwas Neues. Abends traf man sich auf der Straße um mehr zu erfahren. Sammlungen für Lazarette setzten ein. Betttücher, Laken, Mäntel und Lebensmittel werden gespendet. Frauen treffen sich abends auf dem Rathaus, um Kleidung für die Soldaten zu stricken oder nähen.
1915 kamen meist russische Kriegsgefangene, von Landsturmmännern bewacht, als Helfer auf unsere Höfe. Insgesamt 19 Russen waren es, die auf dem Rathaus schliefen. Mit den Jahren wurde auch bei uns die Not größer. Mitte 1915 werden Lieferungen, abhängig von der Anbaufläche, für das Militär festgesetzt.
1916 - 1918 Die Sommerzeit wird für 3 Jahre eingeführt, um Energie, wie Kohle, Gas und Strom zu sparen. Die Brennstoffknappheit während des Krieges war zu spüren. Dieses Einsparpontential spielte bei uns fast keine Rolle. Strom kam erst 1923 ins Dorf, Gas wurde nicht genutzt.
1916 war ein sehr kalter Winter bis Minus 24 Grad, Tauwetter setzte erst Ende April ein.
1917 kamen von Mai bis September 20 Stadtkinder für Erholung zu uns ins Dorf.
1917 Im Heumachen wurde Maria Michel (Hannickels) von einer scheuenden Kuh überrannt, brach sich die Wirbelsäule und starb am nächsten Tag.
1917 Vierzehn Wohnrother treten der Spar- und Darlehenskasse in Bell bei. Zum Verkauf kamen in den Rathäusern der umliegenden Orte unter anderem Salz, Zucker, Petroleum uvm. Nach einigen Jahren wurde der Verkauf an Privatleute übertragen. So entstanden die ersten Geschäfte. (1949 Umfimierung auf Raiffeisenkasse Bell eGmu(nbeschränkte)H, 1966 auf eGmbH)
1918 Endlich Kriegsende. Ausgangssperren der Besatzer engten die Menschen jedoch ein. Um ins Nachbardorf zu kommen, bedurfte ein einer Sondererlaubnis. Abgaben landwirtschaftlicher Produkte, wie Eier, Mehl, Geflügel, Sauerkraut, Heu Hafer usw., machten das Leben nach wie vor schwierig. Nach und nach wurde es besser, die abgeliefeten Produkte auch bezahlt. Der Reisepass musste außerhalb der Wohnorte immer mitgenommen werden.
In diesem Kriegwaren 37 Wohnrother zum Wehrdienst eingezogen, zehn von ihnen kamen nicht zurück - "Gestorben auf dem Feld der Ehre."
1919 trat in den ersten Monaten eine Grippe auf, an der 7 Wohnrother leider verstarben. Es war vermutlich die Spanische Grippe mit weltweit mehr als 20 Millionen Opfern.
1919 Im Spätsommer brannte der Dachstuhl der Schule ab, Gründe fand man nicht. Jedoch kam raus, dass einige Jugendliche auf dem Speicher heimlich geraucht hatten. Für die Reparturen musste die Gemeinde einen Kredit von 12.000 Mark aufnehmen.
1920 gründeten wir einen Fußballsportverein
1922 weihten wir das Denkmal im Oberdorf zum Andenken der Gefallenen des Ersten Weltkrieges ein.
1922 – 1923 wird die Wasserleitung gebaut. Sämtliche Arbeiten wurden im Frondienst geleistet. Die Kosten über 500.000 Mark für Rohre, Hochbehälter und Pumpstation können leicht getilgt werden, weil die galoppierende Geldentwertung es immer leichter machte.
Wer ein Großvieh verkaufte, bekam meist einen Rucksack voller Geld dafür und musste es möglichst am gleichen Tag wieder ausgeben, am Folgetag war es schon wieder weniger wert.
1923 Franz Werner (Junkersch) kauft das leerstehende Haus Boose von nebenan. Er hatte auf dem Beller Markt zwei Ochsen verkauft und mit dem Erlös von 180 Millionen Mark das Haus in bar gezahlt.
1923 kommt endlich Strom ins Dorf. Besonders die Alten waren begeistert, obwohl naturgemäß jene immer gegen Neuerungen sind. Nun werden auch zwei Straßenlampen aufgestellt, eine an Vorewernersch, die andere am Alten Rathaus.
1924 bricht das Mühlrad der Neuen Mühle. Baufällig, wie sie auch sonst war, beschlossen die Gesellschafter einen Neubau.
1924 schließt sich der Sportverein mit Krastel zusammen.
1924 Starke Regenfälle im August erschwerten die Ernte. Die Körner wuchsen auf den Kasten, ja sogar auf dem Halm. Die Wohnrother, von den Nachbargemeinden wegen ihres Eifers öfters geneckt, brachten den größten Teil der Ernte sicher und gut ein.