Anno 1925 - 1950
... und es kam noch schlimmer
1925 hatten wir nur 10 Kinder in der Schule, die Folgen des Krieges wirken nach.
1926 Bei Wilhelm Werner (Dunnewernersch) kommt die erste Schrotmühle ins Dorf, Kosten 150 Mark.
1928 war ein sehr harter Winter mit Temperaturen bis -25°. Wasserleitungen froren zu oder platzten, der Boden war bis ein Meter Tiefe gefroren. Die Milch musste zwei Monate lang mit Schlitten übers Feld nach Völkenroth zur Molkerei gebracht werden.
1930 Die Krisenzeit der Weimarer Republik spitzt sich zu, Notverordnungen werden erlassen.
1931 Ab September kommt das Postauto regelmäßig einmal am Tag.
Die Schul- und die Gemeindechronik werden nun getrennt geführt.
Die Krisen verschärfen sich immer mehr, 4,6 Millionen Arbeitslose, die Kaufkraft geht zurück, die Viehpreise sinken.
1932 Die Gemeinde lehnt es nochmals ab, die Straßen nach Bell und Krastel in die Obhut des Kreises zu geben, da sie nicht auf die Einnahmen der Obstversteigerung der 200 Obstbäume verzichten will. 2 Jahre später waren andere am Ruder und bestimmten dies nun von oben herab.
1933 Mit der Machtübernahme der Nationalsozialisten am 30. Januar unter Adolf Hitler beginnt eine dunkle Zeit.
"Das Jahr 1933 ist das Jahr deutschen Erwachens, nationaler Einigung und erfolgreichen deutschen Freiheitskampfes geworden"
Originalton in der Schulchronik unseres damaligen Schullehrers Georg Failing, ein überzeugter Nationalsozialist.
Im übrigen gab es 5 Mitglieder aus Wohnroth in der militärischen Sturmabteilung (SA) der NSDAP.
1933 Im Hindenburgbad in Simmern ertrank am 7. Juli Albert Werner (Junkersch). Als SA-Mann wurde er mit entsprechenden militärischen Ehren beigesetzt.
1933 „Am Vorabend zum 1. Mai veranstaltete die Ortsgruppe der NSDAP in Krastel einen Fackelzug über Wohnroth zum Beller Marktplatz, wo ein großes Feuer abgebrannt wurde. Am folgenden Tag gab es in Kastellaun einen großen Aufmarsch. Alle lauschten ergriffen der Rede Adolf Hitlers“. Solche Aussagen von Georg Failing finden sich vermehrt in unserer Schulchronik. Failing war kaisertreuer Soldat im 1. Weltkrieg und jetzt im 3. Reich ein überzeugter Nationalsozialist. "Wie das Fähnlein ..." Als Soldat im 2.Weltkrieg ist er nach 1945 in französischer Gefangenschaft verstorben.
1933 Das Reichserbfolgegesetz wurde erlassen. Ein Hof mit mindestens 7 ha (Eigenbesitz) darf nicht mehr geteilt werden, z.B. durch Erbteilung oder Verkauf. Mit Propagandaphrasen wie "Ein freier Bauer auf freier Scholle." - und "Auf der deutschen Scholle muss das deutsche Volk nicht nur seine tägliche Nahrung, sondern auch die physischen und seelischen Kräfte für einen gesunden deutschen Blutstrom nehmen" werden die Menschen auf Linie gebracht.
In den folgenden Jahren verlangten die Nazis von den Bürgern den Nachweis der arischen Abstammung. In den Schulen füllten die Kinder ihre Ahnentafeln aus. Auf einer solchen ist ein Ziat von Adolf Hitler abgedruckt: "Es soll kein Knabe oder Mädchen die Schule verlassen, ohne zur letzten Erkenntnis über die Notwendigkeit und das Wesen der Blutreinheit geführt zu sein."
1934 Wohnroth spendet 63 Ztr. Kartoffeln und 11 Ztr. Roggen für das Winterhilfswerk. Diese Stiftung im 3. Reich sammelte Geld- und Sachspenden für bedürftige "Volksgenossen". Das sollte die Not lindern und den Zusammenhalt fördern.
1934 Am 19. August erbrachte eine Volksabstimmung (für Wohnroth) 100% Zuspruch für Adolf Hitler.
1935 Im Mai treten die Masern so stark auf, dass 5 Wochen kein geregelter Schulunterricht möglich war. 14 Tage lang waren nur 3 Kinder in der Schule.
1935 Die NSV (Nationalsolzialischtische Volkswohlfahrt) hat im Dorf nun 17 Mitglieder. Säumige, die nicht beitreten wollen, werden "durch besonders gutes Zureden auf den rechten Weg gebracht". In zwei Fällen griff sogar der Kreisleiter "erfolgreich" ein.
1935 Am 1. August rückte mit Ernst Michel (Bouersch) der erste Wohnrother Soldat zur Reichswehr ein.
1935 Die braunen Zügel wurden angezogen. Der Gemeinderat hatte in einer Sitzung folgender Entschließung zuzustimmen: "Nur diejenigen Volksgenossen, die die Wiederaufbauarbeit des Führers tatkräftig unterstützen und sich ihres Deutschtums bewußt sind, dürfen grundsätzlich bei der Vergabe von Aufträgen bei der Gemeinde berücksichtigt werden. Schädlinge des deutschen Volkes, welche noch Verkehr und Geschäfte mit Juden machen, sind auszuschließen."
1936 Mitte April hatten wir viel Schaden im Wald durch starken Schneefall. Monatelang waren Holzfäller damit beschäftigt. Blühende Rapsfelder sahen aus als ob eine Walze drüber gefahren wäre.
1937 Zum ersten Mal wird der Kartoffeldämpfer eingesetzt, 10 Silos werden im Dorf gebaut.
1937 In diesem Jahr werden Hochzuchtkartoffeln zur Saatvermehrung gekauft. Die geerntneten Saatkartoffeln bringen einen guten Erlös. Die Ackerflächen standen unter externer Kontrolle und mussten anerkannt werden. In den Jahren vor dem Krieg wurden jährlich weitere 1500-2000 Zentner an Speisekartoffeln verkauft. Fuhrwerke brachten diese zur Verladung zum Beller Bahnhof.
1937 - 38 Die ersten Breitdrescher kommen auf, dazu Sämaschinen und Heuaufzüge. Selbsttränken im Stall bringen eine große Erleichterung. Die ersten Gabelwender tauchen auf.
1938 Im März bricht die Maul- und Klauenseuche aus. Erst einige Höfe, dann wird das ganze Dorf abgesperrt. Innerhalb 3 Monaten waren 21 Höfe betroffen.
1938 Am 9 Mai wird Wilhelm Marx (Vater von Heinze Willi), seit 3 Tagen vermisst, tot in seiner eigenen Jauchegrube gefunden. Mehr zu dieser Familiengeschichte ist hier zu lesen.
1938 Im Juni beginnt der Ausbau der Hunsrückhöhenstraße an mehreren Stellen gleichzeitig. Auch der Flugplatzbau Bell beginnt im gleichen Jahr. Viele Landwirte aus der Region fanden dort Arbeit und Verdienst.
1939 Die Kinderlandverschickung ermöglichte den Kindern kostenlosen Urlaub in anderen Landesteilen. Wohnrother Kinder kamen dadurch bis nach Ostpreußen.
1939 Der Krieg beginnt, weitere Wohnrother werden einberufen. Eine neue Aufgabenteilung wird nötig, die Frauen nehmen das Heft zu Hause in die Hand. Pferde werden eingezogen und ziehen fortan Geschütze und Munition statt Pflug und Erntewagen. Dann kommen die ersten schlimmen Nachrichten: "Gefallen auf dem Feld der Ehre…" Im Herbst kommt es zur ersten Einquartierung von österreichischen Soldaten. Bei der sehr regenreichen Rübenernte halfen sie mit ihren Pferden aus.
1939 Mit Beginn des Krieges kamen Lebensmittelkarten zur Verteilung, um zunehmend die Rationen zu kürzen. Für Bekleidung und Schuhwerk werden Bezugskarten eingeführt, Trauerkleider gibt es weiterin bezugsscheinfrei...
1940 Erste Luftschutzkeller werden eingerichtet. Im Haus von Philippse wird ein Raum behelfsmäßig vorbereitet, die Decken mit Balken zusätzlich gestützt. Die Türen wurden notdürftig gasdicht gemacht, vor die Fenster Sandsäcke gestapelt. Zur Luftschutzgemeinschaft gehörten neben der Familie Knebel noch die umliegenden Familien Jakobs, Werner und Michel. Handspritzen und Hausapotheken wurden vorgehalten. Der Raum musste Gott sei Dank nie genutzt werden.
1940 Im Januar machten deutsche Soldaten im Dorf Quartier, im Februar weitere, die aber bis Mai blieben. Zum Vorteil der Bauern halfen die Soldaten in der Landwirtschaft mit.
1940 Die ersten Kriegsgefangenen treffen ein. Zunächst polnische, danach französische Kriegsgefangene, die den Bauern als Knechte dienen.
1941 Die Hunsrücker Zeitung wird am 14. Februar von der Partei verboten und stellt ihr Erscheinen ein. An ihre Stelle tritt das Nationalblatt als amtliche Zeitung der NSDAP.
1941 war ein strenger Winter, für die Soldaten wurden warme Kleidung gesammelt.
1942 Otto Wendling kauft ein Schlepper mit Holzgasantrieb für den Holztransport
1944 werden 4 Wohnrother zum Volkssturm eingezogen, doch über einige Übungen kam man aber nicht hinaus. Lothar Marx (Voreschmidte) wird als Westwallarbeiter für einige Wochen verpflichtet.
Die ersten Flüchtlinge kamen aufs Land. Über 50 Personen kamen und gingen, z.T. blieben sie Wochen, Monate oder gar Jahre.
1944 Am 16. 12. wird die Scheune von Otto Lahm (Bohnperersch) von einer Fliegerbombe getroffen und ging in Flammen auf. Dabei verbrannte auch ein Fuhrwerk von Flüchtlingen, die erst kurz vorher eingetroffen waren.
In dieser Zeit bauten sich die Wohnrother in den umliegenden Wälder Unterschlupfmöglichkeiten, um Kampfhandlungen aus dem Wege zu gehen. Schnäiresch Layebruch war einer von denen.
1945 Auf Anordnung der Behörden wurden im Ober- sowie im Unterdorf mit dicken Rundhölzern Panzersperren errichtet. Am Samstag, 17. März rollten die ersten amerikanischen Panzer von Masterhausen kommend in Wohnroth ein. Die Sperren waren natürlich unsinnig. Die Soldaten suchten vergeblich in den Häusern nach deutschen Soldaten, die waren schon längst abgerückt. Die Amerikaner "benahmen sich ziemlich manierlich," aber den für Sonntag gebackenen Kuchen liesen sie sich schmecken.
Insgesamt waren 35 Wohnrother unter Waffen, davon sind 9 für „Das Vaterland gestorben“.
1946 Solange sich die Amerikaner in unserem Gebiet aufhielten, waren die Belastungen erträglich. Das änderte sich schlagartig nach deren Abzug. Die Franzosen beschlagnahmen nun Nutzvieh, bei Handwerkern sind es die Maschinen. Beschlagnahmt wurden laut einer überlieferten Liste hier u.a. auch 30 Wolldecken, 82 Bettücher, 11 Bettbezüge, 35 Handtücher, 23 Dessertteller, 28 Löffel, 21 Gabeln, 3 Fahrräder, 2 Waschbecken, 28 Hühner uvm. Der Schwarzhandel blühte, Schnaps wurde heimlich gebrannt. Bauern konnten sich noch recht gut selbst versorgen. Butter, Speck und Zigaretten waren beliebte Tauschprodukte.
Kontrolleure überprüften immer wieder die Häuser, um Schwarzhandel zu unterbinden. In Windeseile verbreitete sich jedoch sein Erscheinen im Dorf. Erster Anlaufpunkt war der Ortsvorsteher, der es dann verstand das Sichtfeld des unliebsamen Besuchers mit einigen Schnapsrunden zu trüben. Derweil versteckte so mancher das gesuchte unter Stroh oder Rüben, hinter Schränken oder fuhr es noch schnell in den Wald. Mehr Informationen über diese schweren Jahre sind hier nachzulesen.
1946 Adam Michel (Hennerschperersch) verunglückt beim Holz hauen im Gemeindewald tötlich.
1946 Am 17. März wird Ernst Prinz als nationalsozialistisch nicht vorbelastet zum Bürgermeister bestimmt.
1947 erhält die Neue Mühle einen Elektromotor. Nun konnte immer gemahlen werden, endlich unabhängig vom Wasser.
1948 Am 20. Juni ist die Währungsreform. Jeder Bürger erhält 40,00 DM zum Start. Es geht aufwärts.
1948 Bürgermeister ist Walter Werner, 1. Beigeordneter Hermann Jakobs, im Gemeinderat sind Karl Schmidt, Albert Franz, Otto Wendling, Oskar Schmoll, Ernst Willi Michel. Der Dienstaufwand für den Bürgermeister betrug 1,50 Mark je Einwohner und Jahr, für das Dienstzimmer pauschal 120 Mark.
1949 kehren Reinhold Leonhard und Walter Lahm aus russischer Gefangenschaft zurück.
1949 Am 8. Mai wird das Grundgesetz verabschiedet, am 23. Mai die Bundesrepublik gegründet. Die Todesstrafe wird aufgehoben.